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Nicaragua: 14.12.2019 – 02.01.2020

 

Der Grenzübergang verläuft trotz der vielen diversen Schaltern, Fotokopien, Autoinspektion reibungslos und schnell, alle Beamten sind sehr freundlich, hilfreich und zu Spässen aufgelegt. Zum Glück wird unser Camper nicht gescannt, sonst wäre das Ganze um 3 Stunden verlängert worden. Nicaragua überrascht uns aufs Angenehmste. Die Bevölkerung ist allgemein zugänglich, freundlich, entgegenkommend, die Hauptstrassen hervorragend kilometerweit gepflastert mit Formsteinen, sauber geschnittenen Strassenborden und wenig Abfall. Obwohl das Land sehr arm ist, der letzte Bürgerkrieg die Nation um 15 Jahre zurückgeworfen hat, der Tourismus komplett zum Erliegen gekommen ist, sehen wir viel Potential und Energie und wünschen dem Land eine bessere Zukunft.

Hier am ersten Übernachtungsort in Ocotal trinken wir den besten Kaffee aus einer privaten Plantage. Viele kleine Kooperativen und private Betriebe betreiben den Hauptumsatz an Kaffee. Immer wieder duftet es herrlich aus den vielen Röstereien in den Bergen.

Eine Tagestour ins Mittelland über Quilalí belohnt uns mit herrlichen Panoramastrassen und führt uns zuletzt zum Somoto-Cañon. Eigentlich wollten wir diesen Adrenalinkick auslassen, doch für Ute und Hans unseren Reisefreunden aus dem Yukatanerfrühling (freudiges Wiedersehen gleich nach der hiesigen Grenze) ist die Schluchtbegehung ein Muss. Also werden wir am nächsten Tag hinten auf dem Pickup nähe Cañoneingang gefahren. Eine kurze Wanderung führt uns zum Wasser. Erst geht’s über Stock und Stein, dann wird gewatet, die Schlucht wird enger und höher, dann heisst es Schwimmen und dann stehen wir auf einem Felsen, neben uns ein kleiner Wasserfall… und es heisst springen. Hätten wir Frauen das gewusst! Wir habens überstanden. Nach weiteren 300m Schwimmen dürfen wir uns auf einer kurzen Strecke in einem Ruderboot ausruhen. Die letzten Meter geht’s nochmals zu Fuss und schon sind wir bei unserem Nachtlager. Schlussendlich wars doch ein sehr schöner, erlebnisreicher Tag. Gut liessen wir uns überreden!

Unser nächstes Ziel ist ein Wasserfall nähe Esteli (bevor wir alle unten sind ist Hans bereits am Baden) und eine Käserei mit feinstem Hartkäse (nach Schweizer Vorbild). Eine Aussichtsplattform lässt unsere Blicke bis weit gen Pazifik zu den vielen Vulkanen schweifen. Dort wollen wir hin, Hans möchte unbedingt den Vulkan Cerro Negro runterboarden. Der sehr junge Vulkan, letzte Eruption 1999, besteht aus schwarzem feinkörnigem Basalt. Während Hans seinem Vergnügen frönt und Ute sein Model in der Kamera festhält, besuchen wir in der Nähe die Universitätsstadt León. Der Besuch des Kathedraldaches lohnt auf jeden Fall. Wir fühlen uns nach Mykonos versetzt, müssen gar in Socken rumlaufen, um das frische weissgetünchte Kuppeldach nicht zu verschmutzen.

 

Eine Bootstour ins angepriesene Vogelparadies bringt nicht den fotografischen Erfolg. Also weiter Richtung Hauptstadt. An der einzigen Ausfahrt am Managuasee betaunen wir die beiden Vulkane Momotombo und Momotombito im davor rotgetünchten Wasser. Die umstrittenen und doch imposanten Riesenbäume in Managua sind anziehende Fotosujets. Viele gibt’s davon in der ganzen Stadt verstreut. Rechtzeitig auf den Abendeinlass stehen wir am Tor zum Masaya-Kegel. Es ist ein verschachteltes Gebiet aus 2 Calderen mit zahlreichen kleineren und grösseren Vulkankegeln. Und in eben diesem Masaya-Kegel (man muss mit dem Auto hochfahren, damit, sollte er ausbrechen, eine schnelle Fluchtmöglichkeit besteht) liegt in 300m Tiefe ein brodelnder Lavasee. Sehr eindrücklich, des Nachts ist die Lava besser sichtbar. Natürlich wurde in der Antike den Göttern geopfert: hauptsächlich Kinder und Jungfrauen, in der Neuzeit wurden Gefangene hier entsorgt.

Geplant ist die Übernachtung beim Eingang an der Hauptstrasse. Die ist aber echt lärmig, deshalb entscheiden wir, ins nahegelegene Nindirí zu fahren, gleich neben der Kirche mitten im Dorf, da ist es sicherlich ruhig. Es ist der 23. Dezember. Wir vergessen, dass die Krippen noch leer sind. Wir schlafen herrlich und hören den Menschenstrom nicht, der die Kirche bis auf den letzten Platz füllt. Punkt 04:00h Sturmgeläute, die Messe startet, inbrünstig wird gesungen begleitet mit Orgel, Gitarre und Trommel, den Refrain dürfen die Kinder mit mitgebrachten Tröten lautstark begleiten. Wir stehen in unseren Betten! Das Ganze dauert inklusive gewaltiger Predigt 2 lange Stunden. In einer Verschnaufpause wird den Gläubigern (meist Frauen mit Kindern) ein Getränk in Pappbechern serviert, die dann allesamt vor die Kirche geworfen werden (die Becher natürlich). Dann werden Maria und Josef in einer Prozession durch das Dorf getragen.

Nach dieser Geburt Jesu verbringen wir Weihnachten an der hübschen Laguna de Apoyo, einem grossen alten Kratersee. Von hier aus besuchen wir die sehenswerte Stadt Granada, steigen auf engen Treppchen Kirchtürme hoch, bestaunen die herrlichen Grabmäler des alten Friedhofs, suchen traumhafte Innenhöfe von Hotels und Cafés auf und lassen uns mit einer farbiggeschmückten Pferdekutsche durch die Stadt schaukeln.

Granada liegt am grössten Zentralamerikanischen See, dem Nicaraguasee. Er ist 15-mal grösser als der Bodensee. Zwei Vulkane, Conception und Maderas vereinten sich einst zur Doppelinsel Ometepe. Und genau diese Insel gedenken wir zu besuchen. Das Hafentor ist geschlossen, viele Autos stehen Schlange und noch mehr Menschen laufen hin und her. Es gibt 2 Fähranbieter und 3 verschieden grosse Autofähren. Wo sind die Schalter? Ute und ich werden von links nach rechts geschickt, und überall heisst es: ausgebucht bis nach Neujahr, dabei zählen wir erst den 26. Dezember. Wir zwei haben fest im Sinn eine schnellstmögliche Lösung zu finden. Und siehe da, plötzlich stehen etwa 6 ‚Organisatoren‘ um uns bestätigend, doch morgen früh um 5.00h fährt eine Extrafähre. (???) Wir bezahlen Hafengebühr, die Überfahrt dann morgen in bar auf dem Schiff, doch doch die fährt. Auf dem Fahrplan ist sie unauffindbar. Was tun? Bleibt nur zu hoffen. Kurz nach 04.00h am nächsten Morgen stehen unsere zwei Camper alleine bereit vor dem verschlossenen Hafenportal und dem schlafenden Pförtner. Etwas später weiss der von nichts. Hans und Richard zweifeln. Hafenarbeiter verneinen eine Fähre um diese Zeit. Plötzlich geht alles ganz schnell, das Tor wird aufgestossen, wir sollen sofort bis Ende Pier fahren und gleich auf die Fähre. So schippern wir also in aller herrgottsfrühe der Morgenröte entgegen, unsere zwei Camper plus ein Lastwagen, dürfen auf dem Kapitänsstuhl steuern, erhalten Wassermelonenschnitze und alle sind bester Laune und guter Dinge!

3 Tage verbringen wir auf der authentischen Insel. Eine Ringstrasse in einem 8 führt um die beiden Vulkane, grösstenteils steinig und löchrig, nur ein kurzer Abschnitt ist asphaltiert. Viele einfache Häuser säumen die Strasse, Leute winken uns zu, der Bus holpert schwerbeladen von Ort zu Ort, Matratzenverkäufer bieten ihre Ware auf dem Kopf tragend feil, immer wieder sehen wir kleine Kirchen, wo Anwohner sich treffen zum Beten, Feiern, Essen, Zusammensein. Die Insel ist sehr grün und üppig, kleine Wanderungen sind möglich und wir begegnen Totenkopf- und Kapuzineräffchen und vielen herrlichen Vögeln. Die Vulkane wären besteigbar, doch deren Hänge sind sehr steil und rutschig… nichts mehr für uns, wir bevorzugen die idyllische Sandbank ‚Punta Jesús María‘. Die Rückfahrt zum Festland ist unkompliziert, dieses Mal stehen wir dichtgedrängt, die Autos auch.

Silvester feiern wir in Puerto San Juan del Sur am Pazifik mit nettem Feuerwerk und halten unsere müden Augen wirklich offen bis weit nach Mitternacht. Vis-à-vis vom höchsten Hügel des Ortes schaut eine grosse Christusstatue auf uns herüber. Eigentlich hätten wir etwas mehr Schaulustige zum Jahresende erwartet, doch wie gross ist unsere Überraschung am nächsten Morgen – jeder Parkplatz ist besetzt, jeder kleineste Platz auf den Trottoirs. Die Gehsteige überquellen mit Tischen, Hängematten, Grills und Kochutensilien. Überall wird gekocht, gegessen, gedöst, die Autos überquellen ebenfalls mit Mitgebrachtem und weissgottwievielen  Familienangehörigen. Und jeder geniesst den freien Tag auf seine Weise. Wir verziehen uns an einen herrlichen einsamen Strand, bevor wir nächstentags die Grenze nach Costa Rica passieren.

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