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Bolivien
18. Januar – 16. März 2023

In Copacabana, nach diesem Ort wurde der berühmte Strand in Brasilien genannt, können wir uns nach den Strapazen der letzten Tage gut ausruhen. Auf der Fahrt nach La Paz, muss erst nochmals die See enge von San Pedro de Tiquina mit einem Ponton überquert werden. Weiter auf dem Weg kreuzen uns etwa 20 Wohnwagen, die mit Seabridge Südamerika bis in die USA bereisen. Wir hörten von dieser Gruppe, die in Chile auf eine Durchfahrt nach Peru hofften. Vermutlich werden sie ihre ganze Reise wegen Peru umkrempeln müssen, ev von Santiago de Chile nach Panama verschiffen. Schon weit vor La Paz fahren wir eine lange Strecke an Gebäudekomplexen vorbei, die sich noch im Rohbau befinden und leer stehen. Sind dies spätere Vororte? Oder meinen wir nur sie stehen leer, weil die meisten Häuser aus roten Backsteinen bestehen, unverputzt, oben die Armier Eisen herausragen für eine eventuelle neue Etage, irgendwann, wenn wieder Geld vorhanden ist? Sowieso stehen Fenster und Türen oft weit offen, auch wenn es draussen auf 3.700m noch so frisch ist. Im chaotischen El Alto endet ein Durchkommen plötzlich. Eine grosse Film- oder Musikleinwand ist quer über die Strassenkreuzung aufgespannt. Irgendwie finden wir aus dem Schlammassel und halten erst wieder bei einem grossen Einkaufsgeschäft. Während Richard und Jaro einkaufen gehen, hüte ich die beiden Autos die sie neben Verkaufsständen von Indigenen an der Hauptstrasse irgendwie parkiert haben. So komme ich ins Gespräch mit den Verkäuferinnen die mich warnten, die Autotüren sicher abzuschliessen, auch die Ärmel nicht hochzukrempeln, weil sonst die starken Sonnenstrahlen die Haut verbrenne und einen Hut zu tragen. Das ist gut so, denn beinahe wäre ich wegen der Sonne umgekippt. Endlich kommen die Beiden beladen zurück und so drücken wir uns noch durch die verstopften Strassen von La Paz. Wir sind hungrig und freuen uns auf das anscheinend gute Essen etwas ausserhalb der Stadt im Hotel Oberland. Einst von einem Schweizer geführt besteht die Speisekarte aus vielen Schweizergerichten, was uns und besonders Jaro behagt, da er doch einige Jahre nicht mehr in der Schweiz war. Und das Gute, wir dürfen hier campieren, der Platz ist eben, die Dusche heiss, die Toilette mit Papier. Hier lernen wir Rosmarie kennen, Fahrerin der Seabridge-Gruppe. Ihr Auto muss repariert werden, die Strassen in La Paz sind sehr steil und manch Gefährt kann hier den Geist aufgeben, so auch ihres. Auch wir geben unser Auto in die Pflegeabteilung der Toyota-Garage Ernesto Hug. Mehr als uns lieb ist erspäht das Argusauge des Garagisten. Die Räder werden bis in die innersten Organe auseinandergenommen, geputzt, geschliffen oder aufgeraut – eine wahre Verjüngungskur. Während dieser Tag dürfen wir im Auto in der Werkstatt wohnen. Von hier aus unternehmen wir mit Jaro zusammen einen Stadtrundgang unter kundiger Führung des ausgewanderten deutschen Gert. Viel erfahren wir aus Politik und der Entwicklung des Landes unter
Evo Morales, fahren mit den Gondeln des Teleféricos bis über 4000m und wieder runter, gegen 1000m tiefer, ins Zentrum von La Paz. Seit 2014 transportieren bis jetzt 8 Linien Fahrgäste in die entlegenen hohen Regionen von La Paz und El Alto. In El Alto, dem ehemaligen Armenhügel, jetzt eigenständige Stadt mit etwa 1,5 Mio. Einwohnern besichtigen wir den Hexenmarkt. Hier beraten Schamanen und Frauen Ratsuchende und helfen mit Pülverchen, Kräutern, getrockneten Seesternen und Embryos, hauptsächlich Lamas und Ferkel, und vielem mehr in Räucherritualen zu persönlichem Glück in Liebe, Haus, Materiellem, Arbeit und gegen böse Geister und Krankheiten. Mit der spanischen Eroberung kam der christliche Glaube, der jedoch den Glauben an die alten Götter nicht völlig auszulöschen vermochte. So entstand ein andiner Katholizismus, ein Mischglaube, in dem oft noch Magie und Geistergläubigkeit eine Rolle spielen. Auch für den Hausbau (und Brücken) werden Lama-Embryos in die 4 Hausecken eingemauert. Sie sollen Glück bringen und Leid von den künftigen Bewohnern abhalten. Pachamama, Mutter Erde, spielt eine sehr wichtige Rolle im Alltag. Mit Riten und Opfergaben wird zB für eine gute Ernte gebeten, oder für Regen, so wird auch der erste Schluck Getränk immer achtsam auf die Erde geschüttet, für Pachamama, aus Dankbarkeit und Respekt.

Heute begleitet Richard den Garagenchef Ernesto Hug zu einem Fischerausflug. Richard muss noch fleissig fischen üben – in Argentinien und Chile möchte ich hie und da einen leckeren Fisch oder Lachs auf dem Grill. Heute war Petri nicht gut gesinnt, so blieb es bei einem schönen Ausflug zu einem Bergsee. Nach einer Woche ist unser Papillon aufgefrischt wie zu ihren besten Zeiten und so sollte sie die nächsten 100’000km problemlos schaffen. Trotz vieler bereits steiler uns schwieriger Pisten wollen wir es wagen die alte Nord Yungas Strasse zu fahren, bekannter als Carretera de la muerte. Uns wurde empfohlen die 80 km mit 3000 m Höhenkilometer runter zu fahren und ab 14.30h, wenn alle Velofahrer durch sind hochzufahren. Diese 35km sind ausnahmsweise Linksverkehr und wir dürften gegen die Wand, und nicht gegen den Abgrund ausweichen. Nach etwa einstündiger Fahrt ist Ende. Die ersten Steine kullern wir noch zur Seite, jedoch wenige Meter danach versperrt ein Erdrutsch die zum Teil abgerutschte Piste. Unmöglich durchzukommen, der Abgrund ist zu nahe. Die Schotterstrasse muss zum Berg hin verbreitert werden und dies kann noch Tage dauern. In etlichen Malen gelingt es Richard zu wenden und wir müssen die asphaltierte Umgehungsstrasse wieder retour. Vielleicht schade, vielleicht auch gut so. Rosmarie lernten wir in La Paz kennen. Ihr Camper steht auf der Strasse aufgebockt vor einer Garage und wartet auf eine neue Kupplung aus Europa. Bis sämtliche Zollformalitäten erledigt sind kann es noch dauern. Da trösten auch die zwei treuen Wachhunde des Garagisten nicht ganz hinweg. Ihre Seabridge-Gruppe hat die gestrandete Rosmarie sich selbst überlassen und fährt, statt durch das zurzeit unpassierbare Peru, zurück nach Chile, um von Santiago nach Panama zu verschiffen. Ob sie die Gruppe noch vor der Einschiffung erreicht? Wir hoffen und wünschen es ihr. Während dieser Zeit knüpft sie wertvolle Kontakte zu Familien in der Umgebung. Eine komplizierte und unvergessliche Zeit für Rosmarie. Für uns heisst es weiterreisen, nach Cochabamba. In Sica Sica ist die 2.älteste Kirche zu bestaunen neben einem etwa 500-jährigen hohen ausladenden Baum. Während wir die alten Mauern der Kirche fotografieren strömen plötzlich viele Kirchgänger nach draussen, alles Indígenas. Sie lachen mir herzlich zu, schütteln mir die Hand, und meinen, ich solle ihnen auch gratulieren gehen. Da sehe ich sie – 10 Personen verschiedenen alters stehen in einer Reihe vor dem Kirchentor und viele stehen Schlange um ihnen zu gratulieren, streuen weisse Konfetti über deren Häupter und umarmen sie. Die Frauen auf den Bänken kichern und mach Zeichen ich solle jetzt auch gehen. Sie sprechen Quechua oder Aymara. Irgendwie verständigen wir uns trotzdem. Danach gehen alle Essen, wir sollen mitkommen. Wir lehnen dankend ab ist es doch ihr Fest. Was genau gefeiert wurde bleibt uns ein Rätsel. Es kann Hochzeit gewesen sein, Geburtstag oder sonst eine Feier. Schön wars! Nach vielen Kurven, auf und ab, erreichen wir am nächsten Tag Cochabamba und landen bei einem Architekten, der seine Wiese den Overlanders zur Verfügung stellt. Welch phantasievolles futuristisches Gebäude, die Duschen sind halb offen und bepflanzt, verschiedene Haustiere gucken über den Zaun, ein Weiher zwischen Bäumen lädt zum Verweilen. Die Idee subaquatisch zu wohnen ist ihm voll gelungen – er vermietet 4 unterirdische Schlafräume, deren Fenster teils Blick auf die Teichfische geben, teils über den Weiher auf die Enten. Wir sind begeistert. Das Zentrum Cochabambas erreichen wir per Collectivobus. Unser Ziel kennt der Fahrer nicht, aber dank MapsMe können wir ihm präzise sagen wo er anhalten soll. Nach einem feinen Kaffee und leckerem zMittag besichtigen wir das Carmelitenkloster, bis oben zum Kuppeldach über eine äussere gusseiserne Wendeltreppe. Interessant das Krankenzimmer, die Hausapotheke integriert in einer Treppe mit Kräutern, Fläschchen und Pülverchen, das abgeschirmte Sprechzimmer zur Aussenwelt nur durch ein hölzernes Drehkarussell, jeder unsichtbar für den andern, verbunden. Die Heimfahrt ist etwas abenteuerlich. Nach längerem vergeblichem Warten auf den Bus nehmen wir uns ein Taxi. Irgendwie missverstehen wir uns für den Zielort. Dem Fahrer wird mulmig, so scheint mir, denn nach kurzer Fahrt bittet er uns, doch den Bus zu nehmen, unser Ziel sei zu weit weg. Also wechseln wir das Fahrzeug und gelangen bei Dunkelheit doch noch zurück zu unserem Auto.

Gerne hätten wir den ToroToro Nationalpark besucht, nach mehrstündiger Fahrt 11km vom Ziel entfernt trauen wir unseren Augen kaum – eine etwa 50-köpfige Grupp indigener Männer und Frauen versperren die Strasse. Sie geben den Weg erst frei, wenn sich der Bürgermeister bei ihnen meldet. So übernachten wir mit einigen andern Fahrern auf der Strasse. Vielleicht morgen? Für Hungrige wird netterweise gekocht. Doch die Situation verbessert sich anderntags nicht, im Gegenteil: Wir dürften durch, die Blockaden werden jedoch erweitert und ausgedehnt und es gäbe für die vermutlich nächsten Tage kein Zurück mehr. Also ganzer Weg zurück und weiter südwärts.

Die weisse Stadt Sucre ist sehenswert. Einst Hauptstadt Boliviens, wurde das Parlament nach LaPaz verschoben, nur noch das Nationalgericht befindet sich in Sucre. Das Zentrum ist, wie auch Cochabamba, sehr sauber, die Kolonialgebäude sehenswert. Ein Wachmann lädt uns spontan zu einer Führung ins ehemalige Regierungsgebäude ein, öffnet uns viele Türen und dirigiert uns bis aufs Dach mit herrlicher Aussicht auf die Stadt und Umgebung. Nette Cafés, Restaurants und Museen verschönern uns den Aufenthalt. Die einschiffige Basilika ‘San Francisco de Charcas’ (1581) prägen die bemerkenswerten Merkmale der Renaissance- Mudéjar- und barocken Kassettendecken. In der Krypte befinden sich die Überreste der spanischen Eroberer und Stadtgründer. Berühmt ist die gerissene Freiheitsglocke, die 1809 an den ersten Ruf nach Unabhängigkeit erinnert. Bolivien ist nach Simon Bolívar genannt, dem südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer und Diktator, heute Nationalheld mehrerer südamerikanischer und karibischer Länder.

Nach einigen Tagen verlassen wir Sucre und machen uns auf den Weg nach Potosí, jedoch nicht via direkte Strasse, sondern durchs Hinterland. Manchmal ist die Piste sehr gut, oft sind Weggabelungen Rätsel, das Kartenmaterial etwas wage, das Ziel eine Annahme. Häuser, Hütten, seltener ein Dörfchen in dieser abgelegenen Gegend, Lama- und Alpakaherden mit Hirt und Hund, steile ungesicherte Abgründe, Wolkenbänke – aber das Wetter bleibt uns hold. Die Pisten würden sich bei Regen in rutschige Matschpartien verwandeln. In Tinguipaya, einem kleinen Dorf, aktiver und reger Handelsumschlagplatz für keine Ahnung was, übernachten wir nach steilen Kurven am Fluss. Und wie staunen wir, eine neuere gute asphaltierte Strasse führt uns sicher und schnell über den Hügelzug zur Hauptstrasse.

Potosí (4067m) liegt am Fuss des Berges Cerro Rico (Reicher Berg), dessen Silberreichtum Potosí im frühen 17. Jhd. zu einer der grössten Städte der Welt machte und von dessen Silber- und Zinkvorkommen die Stadt noch heute abhängig ist. Das Zentrum ist durchgehend im Kolonialstil aus dem 17./18 Jhd. Gehalten mit aufwändigen und prächtigen Bauten. Daneben ist der Cerro Rico eine Touristenattraktion. Der Berg ist unkontrolliert von Minen und unzähligen ‘wilden’ Minen durchlöchert wie ein Käse. Touren bieten Besichtigungen an, die jedoch keinesfalls wegen Einsturzgefahr ungefährlich sind. Ein Mitbringsel, bzw. Geschenk für die meist jungen Arbeiter ist ein Muss. Die Geschenke bestehen entweder aus Kokablätter, hochprozentigem Alkohol (96%) oder Dynamit – auf dem einzigen öffentlichen Markt der Welt legal kaufbar.

Etwas kompliziert gelingt uns unsere bolivianische SIM-Karte wieder aufzuladen. Dann muss versucht werden, im Wirrwarr der vielen engen Gässchen, den Weg zum Übernachtungsplatz im nahen Zentrum zu finden. Natürlich wieder einmal verirrt in den Gassenschluchten helfen viele Hände die Sonnenschirme der Markthändler zu halten, verschieben, hochzuheben, da und dort muss etwas weggerückt werden. Es tut uns leid, umkehren ist unmöglich, dazu noch Einbahn, hinter uns hupen Autos… in solchen Situationen steigt der Adrenalinspiegel. Und heute ist Karneval, das will ich erleben. Eigentlich wäre es möglich gewesen, den spektakulären herrlichen Karnevalsumzug in Oruro zu besuchen, der demjenigen von Rio an Schönheit und Tänzen nahesteht. Es ist ein religiöses Fest, über mehrere Tag, zu Ehren der Virgen del Socavón; in ihm leben Elemente der präkolumbischen Religionen der indigenen Völker des Hochlandes fort. Aber eben, wenn der Fahrer nicht will… Und der Karneval in Potosí hat auch seinen Reiz, so ganz anders. Gruppen ziehen musizierend, singen und tanzend durch die Stadt, mit dabei immer viel Wasser. Aber am Hauptplatz, da ist was los, eine Wasserschlacht vom Schönsten. Grosse Kübel, gefüllt mit Wasserballonen stehen zum Verkauf bereit, Gross und Klein tragen Säcke gefüllt mit bunten Wasserballons, und jeder wird nass. Ganz schlimm sind die ‘Opfer’ die mit Schaum aus der Sprühdose bis zur Unkenntlichkeit eingehüllt werden. Irgendwann flüchten wir tropfnass in eine, zum Glück, offene Bar. Sämtliche Geschäft der Innenstadt sind geschlossen heute, wen wunderts.

Genug der Dummheiten. In zwei Tagen erreichen wir das hässliche Uyuni, Tor zum grossen Salzsee und dem Süd Lipez. Kurz vor Uyuni können wir uns ein Bild der unbeschreiblichen Schönheit und Grösse des Salzsees machen. Obwohl uns der Garagist Hug in La Paz vor der gefrässigen Salzsole am Auto warnte, wissen wir bei dem Anblick, wenn irgendwie möglich, wir müssen hier drauf.

Uyuni liegt auf 3671m und wurde 1889 als Militärstandort gegründet. Noch fährt die Eisenbahn von Uyuni nach Chile. (Ob die Strecke weiter über Oruro nach La Paz führt konnte ich nicht herausfinden. Auch die Strecke Uyuni nach Salta, Argentinien schien mir an vielen Orten unterbrochen oder zerfallen.) Ein Zeugnis der Eisenbahngeschichte Boliviens ist der Cemeterio de los Trenes. Auf diesem Friedhof der Züge rosten zahlreiche Dampflokomotiven und Wagen ihrem vollständigen Zerfall entgegen.

Uns wird abgeraten den Salzsee zu befahren – zuviel Wasser, nur mit Führung möglich, Gefahr des Einsinkens und Verfahrens. Also buchen wir eine Tagestour um die Situation zu überprüfen. Zusammen mit vier jungen Koreanern besteigen wir frühmorgens ein 4x4 Landcruiser, und es wird ein lustiger Tag. Sprachlich ist die Verständigung bereits abenteuerlich, die Einfahrt auf den See ist doch etwa 15cm tief im Wasser, dann wechselt die Salzkruste von sulzig bis trocken. Leider liegt die Kaktusinsel (Incahuasi oder Isla de Pescado) noch zu tief im Wasser. Nach dem stärkenden Mittagessen mitten im weissen Nirgendwo wird auch unser Guide gesprächig und mit Spiel und Spass mit der Perspektive gelingen uns einige köstliche Aufnahmen. Den Sonnenuntergang erleben wir in Stiefeln watend - der blaue Himmel zeigt schöne Reflexionen - im etwa 20cm tiefen Wasser.

Der Salar de Uyuni mit fast 12’000km2 ist die grösste Salzpfanne der Erde. An ihrer Stelle befand sich ein prähistorischer See, der austrocknete und eine wüstenartige weisse Landschaft zurückliess. Der Salar unterliegt starken Temperaturschwankungen von +20 bis -30° im August. Er ist mehr oder weniger das ganze Jahr befahrbar, den Spuren anderer Autos folgend. Während der Regenzeit von Dezember bis März verwandelt sich der See in den grössten Spiegel der Welt. Als Fahrer ist dann grosse Vorsicht geboten, im sulzigen Nass nicht einzusinken.

Vor den vielen Touranbietern fahren wir auf die Salzfläche. Einige Punkte, wie das ehemalige Salzhotel etliche Kilometer vom Ufer entfernt, die Salztreppe, einige Salzskulpturen sind im iOverlander markiert, sodass wir uns nicht verfahren, denn kreuzt uns ein anderes Vehikel, so ist es nach kurzem nicht mehr sichtbar. Nach vielen Kilometern wird der Untergrund sulzig und immer nässer, die warnenden hellen kreisrunden 1-5m grossen ‘Augen’ beunruhigen uns. Diese sachte umgehend wenden wir und fahren zurück bis zu trockenem Untergrund. Die Nacht verbringen wir einsam in grosser Stille unter einem traumhaften Sternenmeer. Es ist herrlich, unbeschreiblich. Am Abend und frühmorgens streckt sich der Schatten unseres Campers bis zum unendlichen Horizont.

Als krönenden Abschluss in Bolivien planen wir die Lagunenroute, ca 230 x 100km, den Sur Lipez, im Hochland der Anden. Die hauptsächlich Wellblechpisten auf 4000-5000m Höhe sind mit einem 4x4 Auto zu meistern, oft folgt man anderen Autospuren und MapsMe führt uns jeweils ans richtige Ziel. Selten begegnet uns ein anderes Gefährt. Auch hier sind die Ruhe, die Einsamkeit, der Sternenhimmel, das Geysirfeld ‘Sol de Mañana’ einmalig. In den vielen Lagunen stelzen hunderte Flamingos. Die Seen strahlen in den schönsten Farben, in blau, grün, weiss, schwarz und bunt. Im Süden grenzt Bolivien an Chile und die Republik Argentinien. Die Lagunenroute sollte uns nach San Pedro de Atacama nach Chile und dann über den Jamapass nach Salta, Argentinien führen. Genau berechnet sind Wasser- und Dieselvorrat, das Essen (denn nach Chile dürfen weder frisches Obst und Gemüse, Eier, offener Käse und offenes Fleisch eingeführt werden. 6km vor der chilenischen Grenze bereiten wir am Abend die Zollvormalitäten für den nächsttägigen Übergang vor. Kühlschrank leer, Wasser und Diesel reichen noch. Alles paletti. So wie die Einfahrt nach Bolivien mit Schwierigkeiten verbunden war, so will die Ausreise auch enden. Mein Pass bleibt unauffindbar. Irgendwo verhühnert, liegengelassen, verloren, was weiss ich. Das ganze Auto wird durchsucht – nichts. Ohne Zwischenhalt fährt Richard im rassigen Tempo die gegen 300km Holperpiste direkt nach Uyuni zurück zum Polizeiposten, der mir ein Vermisstformular für den Pass ausfüllt. Unser Rückflug ab Salta ist in einer Woche. Deshalb entscheiden wir, dass Richard ab Uyuni direkt über die Grenze Villazón/LaQuiaca nach Argentinien fährt, ich mit dem Nachtbus nach La Paz zur Schweizer Botschaft, die mir in Lima/Peru einen provisorischen Pass express bestellen. Etwas mulmig beobachte ich die DHL-Lieferung via Lima-Miami (in den USA gibt es auch ein LaPaz). Doch die Sendung kommt pünktlich im richtigen La Paz an, noch ein Stempel der Migration und am Nachmittag sitze ich bereits im Bus Richtung Uyuni-Grenze-Salta. Inzwischen ist Richard, trotz Blockade kurz vor der Grenze, am Zielort in Salta angekommen, putzt das Auto nochmals gründlich, denn es sollte bis zu unserer Rückkehr im September hier stationär bleiben. Einziger Wermutstropfen – der Tip, die Aufenthaltsbewilligung für unser Fahrzeug, beträgt lediglich 3 Monate statt der erhofften 8 Monate. Aber darüber machen wir uns noch keine allzu grossen Gedanken. Meine Busfahrt stockt in der Nacht bei einer 7-stündigen Blockade. Zum Glück habe ich den früheren Bus genommen, beruhige ich mich. Natürlich verpasse ich an der Grenze den Verbindungsbus, muss nochmals 3 Stunden warten und erwische dann einen Überlandbus mit Schneckentempo, der für die 5-stündige Strecke 9 Stunden benötigt. Gegen Mitternacht nun endlich in Salta heisst es wo ist ein Internetcafé um endlich Richard zu benachrichtigen, Bancomat suchen um Geld für ein Taxi zu wechseln, denn der letzte Bus zu Richards Standort ist längst abgefahren. Richard erwartet mich seit Mittag, verpasst meine WhatsApp-Nachricht da kein Internet und versucht auf gut Glück mich gegen Mitternacht am Busbahnhof abzuholen. Aber da sitze ich bereits im Taxi. Irgendwie haben wir uns dann vor Ort zu später Nacht doch noch gefunden.

So sitzen wir nun im Frühling wieder zu Hause in der Schweiz. Wie können wir den Tip online, oder mit Hilfe von Freunden vor Ort verlängern? Diverse Anrufe, gute Beziehungen zu Behörde, e-Mails und WhatsApps helfen nicht weiter. Verflixter verlorener Pass! Einreise von Bolivien nach Chile und weiter nach Republik Argentinien hätte uns vermutlich 8 Monate Landesaufenthalt gewährt, wie bei Freunden. Doch die Bestimmungen sind willkürlich, hängen vom Zöllner ab. Was wir nicht wussten ist ein Abkommen zwischen dem Plurinationalen Staat Bolivien und der Republik Argentinien, das nur einen 3-monatigen Aufenthalt erlaubt mit einmaliger Verlängerung von 3 Monaten vor Ort. Ein Überschreiten dieser Zeit hätte die Konfiszierung unseres Fahrzeuges zur Folge (Einlösung der Busse = 1/3 des Neupreises des Autos). Fazit: wegen Terminengpässen bleibt uns anfangs Juni 1 Woche Zeit, den Camper ausser Land zu bringen, - um ganz sicher zu sein, nach Uruguay. 1600 km, dafür mit 1 Jahr Aufenthalt und sicher problemlos bis Oktober 23.

Dies ist unser kompliziertestes und teuerstes Umparken !

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